Sie ist legendär, sieht sexy aus und wird auf TikTok und Co. mega gehypt – die Fujifilm X100V. Auch ich hielt sie für die „perfekte“ Reisekamera. Doch als sich die anfängliche Europhie legte, wurde ich mit ihr nicht so richtig glücklich. In diesem Beitrag erkläre ich dir meine Gründe, warum ich die Fuji X100V letztendlich schweren Herzens doch wieder verkauft habe. Das ist kein Testbericht, sondern nur meine Meinung zu ein paar Punkten.
Natürlich sind diese Gründe subjektiv. Mir ist klar, dass es auch viele glückliche Käufer dieser feinen Kamera gibt. Nimm es also nicht persönlich, wenn ich in dem ein oder anderen Punkt anderer Meinung bin.
Die „Fuji-Würmer“: Wurmkuren für schöne Bilder
Von den sogenannten „Fuji-Würmern“ hörte ich schon vor einigen Jahren etwas, als ich das erste Mal einen Ausflug ins Fuji Lager machte (damals noch mit der X-T20 und X-T1). Allerdings fotografierte ich da noch rein im JPG-Format, sodass ich dem keine Beachtung schenken brauchte.
Nach einigen Ausflügen mit der Fujifilm X100V, unter anderem nach Prag, wurde das Phänomen plötzlich sichtbar. Am hellichten Tag bei niedriger ISO-Zahl sah der Hintergrund auf manchen Fotos irgendwie komisch aus. Eine Mischung aus verrauscht und Aquarell. Wohlgemerkt in der 100% Ansicht – so prüfe ich die Schärfe meiner Fotos.
Schnell machte ich bei Google den Fehler aus: Die berüchtigten Würmer, die nach dem Import der RAW-Dateien zu Lightroom zum Vorschein treten können.
Bis heute schaffte es Adobe offenbar nicht, einen hundertprozentigen Fix für das Problem bereitzustellen. Die Software kommt einfach nicht mit den Daten zurecht, die der X-Trans-Sensor in Fujikameras produziert. Mit Capture One* war das Ergebnis wesentlich besser, dort habe ich jedoch nicht meine Lightroom-Presets, die ich täglich verwende.
Ja, es gibt diverse Workarounds und „Wurmkuren“, aber wenn ich so viel Geld für eine Kamera bezahle, will ich nicht umständlich rumfriemeln müssen, um ein akzeptables Ergebnis zu bekommen.
Das Handling der Fujifilm X100V: Nur mit Griff wirklich gut
Ja, die Fujifilm X100V ist ziemlich kompakt gebaut. Das ist einerseits Segen, andererseits aber auch ein Fluch. Denn sie liegt einfach nicht so bequem in der Hand, wie ich es von anderen Kameras mit größeren „Ausbuchtungen“ kenne.
Dafür musste ich mir einen extra Handgriff von JJC* kaufen. Und selbst dann wurde ich mit dem Feeling in der Hand nicht so richtig warm. Kleiner Disclaimer: Ich habe große Männerhände – für zarte Damenpatscher kann ich nicht sprechen. 😅
Es stellte sich nicht dieses WOW-Gefühl ein, wie sagen wir bei meiner Lumix S5 oder der Olympus E-M1 Mark II, die ich mal mein Eigen nennen durfte. Klar, größere Kameras sind eben mehr Arbeitstier als modisches Accessoire. Mit der Fuji erkaufst du dir auch ein schlankes Lifestyle-Produkt, bei dem verstärkt Wert auf die Optik gelegt wird, statt auf die Ergonomie.
Und in Sachen Optik können der Fuji kaum andere Kameras das Wasser reichen!
Das Auslösegeräusch: Knirscht da was?
Schon vor dem Kauf wusste ich aus X Testberichten, dass die Fuji X100V nicht das geilste Auslösegeräusch hat. Es erinnert eher an ein leichtes Knirschen oder Sand im Getriebe. Krrr. Keine Ahnung, wie ich es genau beschreiben soll.
Es klingt jedenfalls komplett anders als jede andere Kamera, die ich besaß oder besitze. Da kommt eben kein „befriedigendes“ KLICK.
Ich hätte nicht gedacht, dass mich das so stören würde. Und wenn die anderen Punkte gestimmt hätten, wäre das vielleicht sogar noch verkraftbar für mich gewesen.
Der Autofokus: Surr, Surr
Mit dem Autofokus in der Fujifilm X100V können wahrlich keine Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt werden. Bisweilen surrte das fest verbaute 23mm-Objektiv gemütlich hin und her, bis es den Fokus gefunden hatte. Allerdings vorwiegend, wenn die Lichtverhältnisse nicht so optimal waren.
Versteh mich nicht falsch – es handelt sich hier keineswegs um die langsamste Schnecke der Welt. Aber im Vergleich mit anderen, teilweise günstigeren Geräten auf dem Markt, macht es sich durchaus bemerkbar.
Natürlich kann man es auch so sehen, dass die Fuji dich zu einem entschleunigten Fotografieren zwingt. Da setzt ja jeder seine eigenen Prioritäten.
Für mich war der Autofokus nicht der große ausschlaggebende Punkt, nur ein Faktor unter mehreren. Sportfotografen werden damit jedoch mutmaßlich nicht glücklich.
Die Schärfe des Objektivs: Etwas soft, was?
Eine angenehme Schärfe über den gesamten Bildausschnitt empfinde ich als sehr wichtig. In dieser Sache war ich nicht zufrieden mit der X100V. Ich empfand die Bilder als ein wenig „Soft“, vor allem offenblendig. Aber auch abgeblendet haute mich die Schärfe nicht vom Hocker.
Und ich kann nur immer wieder den Vergleich zu beispielsweise meiner Lumix S5 (Vollformat) ziehen. Wenn ich dort die 35mm 1.8 Festbrennweite anschnalle, entstehen ganz andere Bilder.
Ob das an der Qualität oder der Menge des verbauten Glases liegt, vermag ich als Laie nicht zu sagen. Aber auch das genauso kompakte 20mm 1.7 im MFT-Bereich ist meines Erachtens ein Stückchen schärfer als das Objektiv der Fuji.
Frag mich aber bitte nicht nach wissenschaftlichen Tests. Ich entscheide mit meinen Augen. 😉
Übrigens führte meine Unzufriedenheit darüber dazu, dass ich ständig am Googeln war, ob ich irgendwas falsch mache oder eine Einstellung vermurkst habe. Das ist schon sehr nervig, weil es mir den Spaß am Fotografieren nimmt. 🤷
Der Preis ist heiß: Die Leica des kleinen Mannes
Die Fujifilm X100V konnte ich zum „Schnäppchenpreis“ kaufen. Aber angesichts der Verkaufspreise, die auf Ebay und Co. (gebraucht) angesetzt werden, muss man sich schon die Frage stellen, ob diese noch gerechtfertigt sind.
Für meine Begriffe sind sie das nicht. 1.300 Euro (ich bezahlte NEU sogar noch etwas weniger) würde ich als fair sehen oder MAXIMAL die aktuellen Ladenpreise von 1.599 Euro.
Dazu kommen die Kosten für einen anständigen Handgriff, Ersatz-Akkus* und nicht zuletzt einen Filter* mit Sonnenblende + Adapter, denn erst dann ist die Kamera komplett wettergeschützt.
Lass dich also nicht über den Tisch ziehen. 1.800 Euro oder ähnliche Mondpreise würde ich jedenfalls nicht dafür hinblättern. Dann kommst du z.B. mit einer Lumix GX9* inklusive schöner 20mm 1.7 Festbrennweite* (zusammen weit unter 1000 Euro) wesentlich günstiger, ohne große Qualitätseinbußen hinnehmen zu müssen. Einen Bildstabilisator gibt es noch obendrauf – den besitzt die Fujifilm X100V nämlich ebenfalls nicht.
Mein Fazit zur Fujifilm X100V: Es wurde (leider) nicht die große Liebe
Die X100V ist eine tolle Kamera, wenn du mit den diversen Zimperleinchen und dem hohen Preis leben kannst. Für mich war die Kombination alles in allem das Geld nicht wert. Das muss nicht bedeuten, dass du und andere es genauso sehen.
Was ich aus dem rund 4 Monate dauernden Versuch gelernt habe, ist, dass ich bei Fuji nicht gut aufgehoben bin und ich mich nicht von Hypes im Internet leiten lassen sollte. Manchmal muss man erst was austesten und sich einen Fehler eingestehen, um wieder auf den für sich besten Weg zurückzufinden.
Für mich bedeutet das: Zurück zu MFT (mit seinen Vor- und Nachteilen) oder Vollformat. (Update: Inzwischen ist es die Sony A7IV geworden!)
Genau das hatten wir doch schon im Test der X100V beschrieben. Mich störten unter anderem der Wegfall der Bedienwippe auf der Rückeseite. Das hat aber nichts damit zu tun, dass Kameras wie eine X-Pro, X-T3, X-T4 hervorragende Kameras sind. Natürlich ist das alles auch Geschmacksache. Viel Spaß mit dem MFT. Welche Kamera im MFT wird es?
Herzlichen Gruß,
Peter Roskothen
Hallo Peter,
ja, das fehlende D-Pad habe ich noch vergessen zu erwähnen. Mit dem kleinen Joystick ist das weder Fisch noch Fleisch.
Ich habe mir eine kleine Lumix GX8 angeschafft. 🙂